Michael Griesmeier

Geburtstag: 23. September 1969
Geburtsort: Berlin
Größe: 177 cm
Gewicht: 80 kg
Wohnort: Berlin
Erster Marathon: Senftenberg 2009 (150 Runden in der Halle)
Erster Ultralauf:
Rennsteiglauf 2009
Internetseite: www.michaelgriesmeier.de



Hallo Michael, du bezeichnest dich selbst als veganen Extremsportler. Welcher Aspekt ist dir wichtiger: die Ernährung oder der Sport?
Nun ja, ich selbst finde meine Leistungen gar nicht sonderlich extrem, das ist eher die Meinung anderer. Aber zugegebenermaßen lässt sich mit solch einem Begriff mehr Aufmerksamkeit für meine Projekte erzielen.
Was die vegane Ernährung angeht, wird der ganze Organismus dadurch natürlicher. Fleisch zu essen – und vor allem viel Fleisch – macht träge, und der Verdauungstrakt wird stärker belastet. Für mich ist es also nicht nur ein ethischer Aspekt, keine tierischen Produkte mehr zu essen.
Und Sport wiederum muss sein. Ich bin der Meinung, dass wir Menschen genetisch darauf programmiert sind, uns zu bewegen.

 

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Wann hast Du dich denn für die vegane Ernährung entschieden? War das ein schleichender Prozess, oder gab es eher spontan einen konkreten Anlass?
Der erste Anlass war im Sommer 2010 der Umweltfilm „Home“. Dieser Film hat mich regelrecht aufwachen lassen. Ich war zwar auch vorher schon ein recht kritischer Mensch, aber letztlich doch geprägt von den äußeren Einflüssen wie Erziehung, Werbung und der Tatsache, dass es an jeder Ecke einen Supermarkt mit riesiger Fleisch- und Käsetheke gibt. Und natürlich hat auch meine Zeit als Bodybuilder ihre Spuren hinterlassen.
Bis dahin hatte ich aber nie die Motivation gehabt, etwas im Leben zu ändern. Das hat sich dann durch den Film geändert, und so habe ich beschlossen, von einem Tag auf den anderen kein Fleisch mehr zu essen.

 

Dann warst du also erst mal Vegetarier? Und wieso hast du dann auch auf Eier, Milch etc. verzichtet?
Auslöser dafür war im Sommer 2011 eine Besprechung bei der Albert-Schweitzer-Stiftung für meinen damaligen Weltrekord. Die Jungs und Mädels dort waren alle Veganer und haben mich davon überzeugt, es ebenfalls zu werden. Dass Milch für erwachsene Menschen bei weitem nicht so gut oder gar gesund ist, wie manche Werbeslogans einem vorgaukeln, ist ja ohnehin nachgewiesen.

 

Wie hat sich dein Leben durch den neuen Ernährungsstil verändert?
Dadurch, dass ich mich während meiner Jahre als Bodybuilder extrem eiweißreich ernährt habe, kann ich den Unterschied zur extrem eiweißarmen Ernährung als Veganer gut beurteilen. Ich fühle mich jetzt viel energiegeladener, und die Regeneration nach dem Sport ist deutlich leichter. Das liegt unter anderem daran, dass unser Darm für die Verdauung von Fleisch zu lang ist und die Verdauung damit lange dauert. Nicht umsonst liegt einem ein großes Schnitzel viel schwerer im Magen als ein „leichter“ Salat mit Kartoffeln.

 

Ist dir die Ernährungsumstellung denn leicht oder eher schwer gefallen?
Der Verzicht auf manche Nahrungsmittel fällt mir bisweilen immer noch schwer. Vor allem Käse und Butter schmecken einfach gut, und manchmal fehlt mir der herzhafte Geschmack durchaus. Immerhin lassen sich jahrzehntelange Gewohnheiten nicht mal eben wieder ablegen. Aber wenn ich mir vorstelle, wie es in der Massentierhaltung abgeht, fällt es mir doch leichter, mir selbst treu zu bleiben.

 

Wie bist du eigentlich auf die Idee zu den Rekorden im Treppensteigen mit Rucksack gekommen?
Ich hatte überlegt, wie meine Aktionen bekannter werden und überregional mehr Aufmerksamkeit erreichen könnten. Durch den Freund eines Freundes kam die Antwort: einen Weltrekord aufstellen. Mit meinen 80 Kilo bin ich für reine Laufrekorde oder Treppensteigen ohne Zusatzgewicht einfach zu schwer und immer im Nachteil gegenüber leichteren Sportlern. Aber ich habe viel Ausdauer, Kraft und Willensstärke. Kurz darauf bin ich hier in einen Outdoorladen gefahren und habe einen Rucksacktest gemacht: mit 30 Kilo Gewicht. Das war zwar verdammt schwer und schon anstrengend, damit überhaupt herumzulaufen, aber ich habe gleich gemerkt, dass das die Art von Herausforderung ist, die mir gefällt.

 

Trainierst du denn auch mit Rucksack?
Manchmal. Leider ist es gar nicht so einfach, bei uns in der Nähe geeignete „Trainingstreppen“ zu finden. Die letzten 2-3 Monate vor meinem Weltrekord bin ich hauptsächlich gelaufen, etwa 10 mal eine Stunde pro Woche, davon eine Stunde mit 30 Kilo auf Treppen.

 

Geht das Rucksacktreppensteigen nicht massiv auf die Knochen?
Überhaupt nicht! Am Anfang, als ich mit dem Laufen angefangen habe, hatte ich mal Knieprobleme, aber seit ich auf Vorfußlauf umgestellt habe, sind die Probleme verschwunden. Und auch durch das Treppenlaufen nicht wieder gekommen.

 

Trainierst du denn eher Kraft oder Ausdauer?
Meine Einheiten sind eher kurz, also nicht so sehr auf Ausdauer angelegt: Ich trainiere meist fünfmal pro Woche, mache zunächst Liegestütze und Klimmzüge und gehe dann etwa eine Stunde laufen. Dank meiner mentalen Stärke komme ich aber gut mit dem geringen Trainingspensum zurecht, sowohl für die Weltrekorde, als auch für 150-Kilometer-Läufe. Der Körper braucht natürlich eine gewisse Grundfitness.

 

Würdest du denn gern mehr Sport machen, wenn du die Zeit dazu hättest?
Nun ja, im Urlaub trainiere ich zwar meist täglich, aber nicht unbedingt viel länger. Wenn ich also beispielsweise nicht mehr arbeiten müsste, sondern von Sponsorengeldern leben könnte, würde ich eher mehr tolle Aktionen machen als jeden Tag wie wild zu trainieren.
Ich laufe, weil mir das Laufen Spaß macht, wobei ich nicht jeden Tag die gleiche Lust dazu habe. Und eine Stunde ich für mich „genau richtig“.

 

Trainierst du nach einem Plan?
Nein, ich habe keinen Trainingsplan. Dann würde ich vermutlich die Leichtigkeit und Lockerheit verlieren.

 

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Versuchst du, andere Menschen zum Nachahmen deiner Lebensweise zu überzeugen?
Prinzipiell ja. Wenn ich beispielsweise von jemandem angesprochen werde, der sich dafür interessiert „wie das denn klappt“, erzähle ich gern, was ich mache und warum. Mittlerweile gehe ich aber nicht mehr aktiv auf andere Leute zu. Das habe ich am Anfang mal mit Arbeitskollegen probiert, wenn die sich einen Fast-Food-Burger geholt haben, aber das ist ganz schön stressig und kostet Energie.

 

Wie sind denn die Reaktionen auf deine Rekorde bzw. deinen Lebensstil?
Nun ja, ich habe viel mit Menschen zu tun, die selbst Vegetarier oder Veganer sind. Für die ist zumindest meine Ernährungsweise ganz selbstverständlich.
Andere Leute, die sich „normal“ ernähren, halten eine eiweißreiche Ernährung für wichtig, vor allem Männer. Dass ich jetzt als Mann trotz rein pflanzlicher Ernährung doch eine gute Muskulatur und Ausdauer habe, ist für viele schwer nachvollziehbar, und für manche auch unglaubwürdig, und sie bezweifeln, dass ich mich tatsächlich vegan ernähre. Aber generell sind die Reaktionen sehr positiv.

 

Was ist denn für dich die wichtigste Botschaft deiner Rekorde?
Für mich ist der Mensch nicht etwas völlig Besonderes, sondern sollte mit allen Lebewesen und der Natur im Einklang sein. Der Buddhismus hat den Begriff der Achtsamkeit geprägt: dass man also achtsam das Leben wahrnimmt, sich den Folgen der eigenen Handlungen (und Nicht-Handlungen) bewusst ist und nicht auf der Jagd nach Geld oder anderen materiellen Dingen versäumt, das tägliche Glück zu genießen.

 

Läuft bei dir auch mal was richtig schief?
(lacht) Schief läuft es zum Glück sehr selten – aber einmal ist es (sorry!) richtig scheiße gelaufen! Ich habe letzten Sommer einen längeren Barfußlauf gemacht, als ich erst in einen Hundehaufen und dann in ein paar kleine Glasscherben getreten bin.

 

Oh, dann wünsche ich dir, dass du von derartigen Mistgeschicken künftig verschont bleibst und noch viele weitere Rekorde erzielst! Vielen Dank auch für das nette Gespräch.


(März 2012)

 

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